Chancen pflanzlicher Arzneimittel

Ob Chemotherapie, Bestrahlung oder Hormontherapie: Eine konventionelle Krebsbehandlung geht sowohl mit starken Nebenwirkungen als auch mit einer Einschränkung der Lebensqualität einher. Eine äußere sowie innere Anwendung von pflanzlichen Arzneimitteln kann unterstützend ihr Potenzial entfalten und Linderung verschaffen.

Krebsrisiko senken: Grüner Tee

Aufgrund seines Hauptinhaltsstoffs Epigallocatechingallat (EGCG), der antioxidative und antitumorale Eigenschaften besitzt, wird grüner Tee gerne angewendet, um das individuelle Krebsrisiko zu senken. Doch das Nebenwirkungsrisiko ist hoch:

  • Schlaflosigkeit,
  • Magen-Darm-Verstimmungen,
  • hoher Blutdruck und
  • Hautreaktionen

können bei hochkonzentrierten Präparaten auftreten.

Dazu kommt ein großes Wechselwirkungspotenzial. Sie sollten Abstand von grünem Tee nehmen, wenn Sie eine Bortezomib-Therapie erhalten. Denn die Inhaltsstoffe können zu einer verminderten Wirkungen führen.

Sofern keine Wechselwirkungen mit der konventionellen Therapie bestehen und Sie schon seit längerem gerne grünen Tee trinken, können Sie das allerdings weiterhin ohne Einschränkung tun.

Übelkeit bekämpfen: Ingwer

Der Wurzelstock gehört zur traditionellen Medizin und wird weltweit als Heilpflanze sehr geschätzt. Durch mehr als 400 Inhaltsstoffe kann Ingwer vielseitig eingesetzt werden, denn die südasiatische Pflanze wirkt durch Gingerole und Shogaole

  • enzündungshemmend,
  • antibakteriell,
  • antiviral und
  • antioxidativ.

Das Allroundertalent kann damit vielseitig eingesetzt werden: Es lindert Schmerzen, Krämpfe und Verdauungsbeschwerden, jedoch gelten die Empfehlungen vor allem gegen Übelkeit auf Reisen oder während der Schwangerschaft.

Blähungen können durch die Einnahme von Ingwer ebenfalls gelindert werden, zusätzlich wirkt die Heilpflanze verdauungsfördernd und es wird eine Hemmung von Serotonin-Rezeptoren diskutiert. Diese Eigenschaften unterstützen auch die Behandlung von chemotherapieinduzierter Übelkeit oder Unwohlsein nach einer Operation. Ingwer wird daher in Kombination zur leitliniengerechten Antiemese empfohlen.

Tipp: Probieren Sie Ingwer einfach selbst aus! Dazu schneiden Sie 3 Gramm frischen Ingwer in dünne Scheiben. Gießen Sie ihn anschließend mit 200 ml heißen Wasser auf und lassen Sie die Teezubereitung zehn Minuten ziehen.

Bitte beachten: Wer Sodbrennen und Magenprobleme aufweist, sollte die exotische Knolle mit Vorsicht genießen. Die scharfen Inhaltsstoffe können die Beschwerden verschlimmern.

Eher ungeeigneter Stimmungsaufheller: Johanniskraut

Johanniskraut ist bekannt als Heilkraut gegen leichte und mittelschwere Depressionen. Da eine Krebsdiagnose immer ein schockierendes Ereignis ist, welches viele Patienten nur schwer verkraften, wird oft auf Johanniskrautpräparate zurückgegriffen. Gerade bei einer Chemotherapie sollte das aber möglichst vermieden werden. Es gibt ein enormes Wechselwirkungspotenzial von Johanniskraut mit unzähligen Wirkstoffen, sodass die Wirkung der konventionellen Therapie eventuell beeinträchtigt wird. Besser ist es, psychischen Belastungen mit Hilfe eines Psychoonkologen sowie moderatem Sport und meditativen Verfahren entgegenzuwirken.

Gegen Fatigue: Ginseng

Gerade beim durch die Chemotherapie ausgelösten Müdigkeits- und Erschöpfungssyndrom, der Fatigue, gibt es keine konventionelle Behandlungsmöglichkeit. Für Betroffene gehört die Fatigue allerdings zu den belastendsten und langwierigsten Erscheinungen der Chemotherapie.

Laut der neuen S3-Leitlinie Komplementärmedizin kann amerikanischer beziehungsweise asiatischer Ginseng zur Verbesserung der Fatigue eingesetzt werden. Die asiatische Heilpflanze ist ein beliebtes Tonikum, um den geschwächten Körper während und nach der Chemotherapie zu kräftigen. Jedoch gibt es auch hier, wie bei den meisten Phytotherapeutika, noch keine uneingeschränkte Empfehlung. Am aussagekräftigsten ist eine Studie, in der Patienten täglich zwei Gramm amerikanischen Ginseng über acht Wochen einnahmen und eine bedeutende Verbesserung der Fatigue ohne erkennbare Nebenwirkungen erfuhren.

Als generelle Dosierungsempfehlung gibt das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eine tägliche Gabe von ein bis zwei Gramm der getrockneten Wurzel in Form von Kapseln, Pulver oder flüssigen Extrakten an. Ein Report der European Medicines Agency (EMA) aus dem Jahr 2014, der alle verfügbaren Daten zum Thema Ginseng vereint, erkennt schließlich keine Sicherheitsbedenken.

Unerwünschte Nebenwirkungen seien mild und reversibel – somit kann Ginseng der bisherigen Datenlage nach bei Fatigue unterstützend eingenommen werden.

Vorsicht geboten ist allerdings bei Frauen mit hormonabhängigem Brustkrebs: Sie sollten auf Ginseng verzichten, da es sich um ein sogenanntes Phytoöstrogen handelt, welches das hormonabhängige Tumorwachstum fördern könnte.

Für die Verdauung & Schleimhäute: Mistel

Wer an Krebs leidet, wird unweigerlich auf das Mysterium Mistel treffen. Das bereits im Altertum erwähnte Kraut erlebte mit der anthroposophischen Lehre ein Comeback. Seither scheiden sich die Geister um das pflanzliche Präparat. Während manche die aktuelle Studienlage als signifikant betrachten, sehen andere Experten sie als unzureichend. Gesichert ist, dass eine alleinige Therapie mit Mistel nicht ausreicht. Die enthaltenen Lektine und Viscotoxine reichen nicht aus, um als Alternative gegen eine Standardtherapie zu fungieren.

Unter Umständen lohnt es sich aber eine Misteltherapie zu versuchen, um die Lebensqualität zu verbessern. Gerade häufige Nebenwirkungen der Krebstherapie wie 

  • trockene Schleimhäute,
  • Mundschleimhautentzündungen (orale Mukositis) oder
  • gastrointestinale Nebenwirkungen wie Durchfall oder Verstopfung

 können gelindert werden. 

Doch auch dabei ist immer zu beachten, dass die Methode ergänzend zur Chemotherapie mit einer vernünftigen Erwartungshaltung praktiziert wird. Das bedeutet, dass stets mit dem behandelnden Arzt abgeklärt werden muss und der Mistel keine alleinige Heilkraft zugeschrieben werden soll.

Gut zu wissen: Aufgrund der Unterschiede der erhobenen Daten zur Wirksamkeit, Sicherheit und Tumorarten werden nicht alle Mistel-Arzneimittel von der Krankenkasse erstattet.

Wie funktioniert die Misteltherapie?

Das Mistel-Präparat wird durch medizinsches Personal oder bei intensiver Schulung auch selbstständig durch den Patienten unter die Haut gespritzt, wodurch Rötungen und Schwellungen an der Einstichstelle enstehen können. Allgemein wird die Mistel bis auf grippeähnliche Symptome gut vertragen. Tabletten, Tropfen oder Kapseln sind für Krebspatienten nicht zugelassen. Auch als Nahrungsergänzungsmittel hat die Mistel keinen Stellenwert bei der Behandlung von Tumoren.

Brechen Sie die Misteltherapie in jedem Fall ab und sprechen Sie mit Ihrem Arzt, wenn Sie Fieber, allergische Symptome oder ungewöhnliche Reaktionen beobachten. Von der Phytotherapie wird bei malignen Melanomen, Leukämie- oder Lymphomerkrankungen abgeraten.

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Achtung, Wechselwirkungspotenzial!

Dank omnipräsenter Werbeversprechen haben pflanzliche Präparate das Image, sanft zu wirken und dabei nur geringe Nebenwirkungen hervorzurufen. Ganz im Gegensatz dazu handelt es sich aber vielfach um hochwirksame Substanzen, die mit starken Nebenwirkungen und Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln einhergehen können.

Dazu kommt die Problematik, dass viele der Präparate als Extrakte vorliegen und der Gehalt an verschiedenen Komponenten immer unterschiedlich ist. Die hohe Anzahl an verschiedenen Inhaltsstoffen der Pflanze macht es zudem schwierig, die Ursache für manche Wechselwirkungen zu finden.

Bitte beachten!

Erhöhte Aufmerksamkeit ist bei Johanniskraut und Grapefruitsäften geboten. Die Verstoffwechslung durch das Enzymsystem ist in unserem Körper begrenzt und führt damit zur Wirkverstärkungen oder -abschwächungen je nach Chemotherapie.

Ein weiteres prominentes Beispiel ist Kurkuma. Zum einen müssen aufgrund der schlechten Aufnahmekapazität in den Körper enorme Mengen eingenommen werden, damit es überhaupt zu einer Wirkung kommt. Zum anderen sind viele Wechselwirkungen mit verschiedenen Enzymsystemen beschrieben, die orale Krebsmedikamente wie Palbociclib, Capecitabin und Enzalutamid betreffen.

Setzen Sie daher Ihren Arzt und Apotheker nicht nur über Ihre Nahrungsergänzungsmittel oder ergänzenden Therapien in Kenntnis, sondern auch über Lebensmittelgewohnheiten.

Das Thema Homöopathie

Von der Phytotherapie abzugrenzen ist die nach Samuel Hahnemann bekannte Lehre der Homöopathie, die „Gleiches mit Gleichem“ in hoch potenzierten Verdünnungen behandelt. Abgesehen von der in Frage stehenden Wirksamkeit ist das Konzept der Homöopathie auf die Krebstherapie schwer übertragbar, da sich der Tumor bei jedem anders verhält.  

Das Prinzip der Homöopathie

Die Erkrankungsart selbst rückt bei der Homöopathie in den Hintergrund, man konzentriert sich auf den Menschen, seine Beschwerden und die Persönlichkeit. Mit dem Wissen von über 100 Jahren werden Kombinationen der Präparate angeboten, die man als Komplexhomöopathie bezeichnet. Mit einer ausführlichen Anamnese wird der Patient analysiert und bekommt die individuell abgestimmten Präparate.

Bisherige Studien können aufgrund von sehr kleinen Patientenkollektiven mit einer großen Zahl Studienabbrechern und der starken Heterogenität in der Homöopathie keine signifikanten Aussagen zur Wirksamkeit belegen. Jedoch muss betont werden, dass vielfach Patienten, die homöopathische Mittel einnehmen, eine Verbesserung ihrer Lebensqualität verspüren. Das Gefühl mit sanften Methoden selbst tätig zu werden und die mitgebrachte Zeit des Homöopathen tragen einen wesentlichen Anteil zur Wirksamkeit der hochverdünnten Mittel bei. Nebenwirkungen fallen gering aus.

Wenn Sie auch Homöopathie ausprobieren möchten, seien Sie sich immer im Klaren, dass eine alleinige Einnahme den Krebs nicht besiegen kann. Wohl aber können ergänzende homöopathische Darreichungsformen oder Bachblüten ihr Wohlbefinden steigern.

Massagen, Wickel & Einreibungen

Bei Verspannungen, Schmerzen und psychischem Stress helfen Massagen dabei, Muskelgruppen aufzulockern und zu entspannen. In Kombination mit Wärme erfahren Krebspatienten krampflösende Effekte – auch ein Wellnessbad, Saunagang oder eine Rückenmassage können wohltuend sein.

Die mechanischen Techniken stehen allerdings seit geraumer Zeit für Krebspatienten immer mehr in der Kritik, da sie den Stoffwechsel des Tumors reaktivieren sollen und somit ein Fortschreiten der Erkrankung begünstigen könnten. Diese Aussagen sind so allerdings nicht haltbar. Zwar muss individuell abgestimmt werden, ob ein Saunagang mit Aufguss oder rhythmische Massagen förderlich sind, jedoch hat dies meist andere Gründe.

Meist ist der Kreislauf während oder kurz nach der Behandlung noch geschwächt oder die Haut sehr beansprucht, sodass Druck und Hitze nicht vertragen werden. Eine gut ausgebildete Fachkraft wird sich hüten, die frische OP-Narbe oder bestrahlte Haut direkt zu massieren. Auch ätherische Öle, Aufschlämmungen oder Peelings sollten mit Vorsicht angewendet werden.

In dem anthroposophischen Therapieansatz finden Wickel und Kompressen mit Kamille oder Schafgarbe Anwendung. Auch hier muss die Hautbeschaffenheit und der Kreislaufzustand analysiert werden, bevor die Behandlung begonnen wird.

Falls Lymphödeme, Hautirritationen oder Unwohlsein auftreten, gilt eine Rücksprache mit dem Arzt und das Beenden der Wärmeanwendung. Im Allgemeinen stehen Massagen, Saunagängen und Bäder in Maßen und je nach individuellen Voraussetzungen jedoch nichts im Wege.


Quellen