OP: Brusterhaltende Therapie oder Mastektomie

Anders als noch in den 1980er Jahren bedeutet die Diagnose Brustkrebs heute nicht mehr automatisch die radikale Entfernung der Brust. Besonders, wenn der Tumor lokal begrenzt ist, können Ärzt:innen bei vielen Patientinnen eine brusterhaltende Therapie durchführen. Die Tumorzellen werden mit einem kleinen Teil vom umliegenden gesunden Gewebe entfernt und die Schnittstellen im Anschluss feingeweblich untersucht. Es kann nötig sein, bereits vor der OP eine Chemo-, Antihormon- oder Antikörpertherapie zu verabreichen, damit der Tumor verkleinert wird und so noch besser und schonender entfernt werden kann.

Ist der Tumor zu groß, wachsen Tumoren an mehreren voneinander entfernten Stellen oder ist beispielsweise die Brusthaut betroffen, muss eine Brustentfernung (Mastektomie) vorgenommen werden. Am besten informieren sich Betroffene schon vor dem Eingriff über Möglichkeiten der Brustrekonstruktion – denn erste Maßnahmen hierfür können schon während der OP eingeleitet werden. Zum Einsatz kommen körpereigenes Gewebe oder Implantate. Brustwarzen lassen sich im Übrigen auch optisch mittels fotorealistischer Tätowierung darstellen. Lesen Sie hierzu unser Interview mit Andy Engel.

Metastasiert, also streut der Brustkrebs, geschieht das über die Lymphbahnen, die in die Lymphknoten der Achselhöhle münden. Daher werden die ersten Lymphknoten, die auf der Bahn zwischen Brust und Achsel liegen – die sogenannten Wächter-Lymphknoten („Sentinel“) – bei der OP mitentfernt und anschließend untersucht. Je nachdem, ob und wie viele Lymphknoten mit Krebszellen befallen sind, werden weitere Lymphknoten entfernt oder alternativ bestrahlt beziehungsweise medikamentös behandelt.

In der Regel sind die Wunden durch eine optimale Wundversorgung nach einer OP innerhalb weniger Wochen verheilt. Unmittelbar danach können Spannungsgefühle auftreten, bis sich die übrige Haut angepasst hat. Durch die Entfernung der Achsellymphknoten ist es möglich, dass die Beweglichkeit von Schulter und Armen eingeschränkt ist. Ebenfalls kann es zu Lymphödemen kommen, wenn sich die Lymphflüssigkeit im Arm anstaut. Spezielle Armstrümpfe (Flachstrickversorgung) sowie manuelle Lymphdrainage und auch eine Nacht- und Ruheversorgung können hier schnell Abhilfe schaffen.

Egal ob brusterhaltende Therapie oder nicht: Am Ende entscheiden individuelle Faktoren des Tumors darüber, welche Art des Eingriffs nötig und möglich ist.

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Strahlentherapie

Die Bestrahlung von Tumorgewebe wird standardmäßig nach einer brusterhaltenden Operation („adjuvant“) angewandt, um eventuell verbliebene Tumorzellen zu zerstören und ein Rezidiv, also ein Wiederkehren des Tumors, zu verhindern. In der Regel wird zügig nach der OP nach etwa drei bis acht Wochen mit der Strahlentherapie begonnen. Kommt zusätzlich eine Chemotherapie zum Einsatz, findet die Bestrahlung wegen möglicher verstärkter Nebenwirkungen meist zeitlich verzögert statt. Bei antihormonaler oder Antikörpertherapie kann dagegen zeitgleich bestrahlt werden. Im Gegensatz zur brusterhaltenden Therapie wird bei der Mastektomie meistens nicht bestrahlt, es sei denn der Tumor konnte nicht komplett entfernt werden oder wenn mehr als drei Lymphknoten befallen sind.

Gut zu wissen:

Die Begriffe „adjuvant“ und „neoadjuvant“ beziehen sich auf den Zeitpunkt der Therapie. Wird eine Strahlen- oder medikamentöse Therapie vor der Operation durchgeführt, sprechen Ärzte von „neoadjuvant“. Kommt sie nach der Therapie zum Einsatz, wird das als „adjuvant“ bezeichnet. Ob eine Therapie adjuvant oder neoadjuvant durchgeführt wird, hängt von Faktoren wie der Tumorart, dem Wachstum und Stadium der Erkrankung ab.

In der Regel wird der tumorbefallene Teil der Brust bestrahlt, bei Metastasen in den Lymphknoten werden diese mitbehandelt. Meist handelt es sich um die Bereiche der Achselhöhle, Schlüsselbein oder seltener um die Region um das Brustbein herum. Bestrahlt wird mit großer Präzision durch die Haut, sodass eine hohe Konzentration erreicht wird, ohne die umliegende gesunde Haut zu schädigen.

Dauer und Dosis der ionisierenden Strahlung hängen von den individuellen Gegebenheiten der Patientin ab, meistens jedoch dauert eine Behandlung etwa sechs Wochen.

Da sich die Technik ständig verbessert, ist eine Bestrahlung mittlerweile weit verträglicher als noch vor einigen Jahren. Belastungen entstehen hauptsächlich im Bereich der bestrahlten Haut, die dann ähnlich einem starken Sonnenbrand schmerzt, gerötet ist und Bläschen aufweisen kann. Auch Lymphödeme können auftreten, wenn die Lymphknoten bestrahlt werden.

Tipps zur Pflege der Haut nach Bestrahlung

  • keine enge Kleidung tragen
  • starke Wärmeeinwirkung durch Sonne oder beispielsweise Sauna vermeiden
  • rückfettende und kühlende Pflegelotionen gegen Rötungen und Juckreiz verwenden

Viele weitere nützliche Empfehlungen (und auch hilfreiche Produkte) finden Sie in unserem Ratgeber-Artikel zum Thema Hautpflege während der Strahlentherapie.

Medikation: Chemotherapie & Zielgerichtete Therapie

Oft stellt sich die Frage „Warum bekomme ich diese Chemotherapie und die Frau neben mir eine andere, obwohl wir beide Brustkrebs haben?“. Der Unterschied in der medikamentösen Behandlung liegt in der molekularen Struktur und den Eigenschaften des Tumors. In den letzten Jahres wurde in diesem Bereich extrem viel geforscht. Dadurch variiert die Behandlung womöglich stark.  

Nach einer Biopsie wird das Tumormaterial zunächst vielen Untersuchungen unterzogen. So können Mediziner herausfinden, ob es „Auslöser“ gibt, die Tumorzellen wachsen lassen. Diese „Auslöser“ können beispielsweise  körpereigene Hormone sein. Dieser Typus wird dann HR+ bezeichnet (HormonRezeptor positiv). Eine weitere Struktur, die häufig übermäßig in Brustkrebszellen zu finden ist, ist der HER2-Rezeptor. HER2 steht für human epidermal growth receptor. Bei HER2-positiven Tumoren ist zum Beispiel das “zu viel” an dieser Struktur für das Wachstum mitverantwortlich. Je nach Einteilung des Tumors wird dann die Therapie mit ihrem Wirkstoffen ausgewählt.

Chemotherapien gehören bei Brustkrebs zum Standardrepertoire der Behandlung und werden bereits im Frühstadium angewandt. So wird sichergestellt, dass Mikrometastasen entfernt und das Rückfallrisiko gesenkt wird.

Das allgemeine Ziel ist, das Wachstum der Tumorzellen zu stoppen. Da sich Krebszellen schneller als gesunde Zellen teilen, kommen diverse Substanzen zum Einsatz, die effektiv in den Zellzyklus eingreifen. Dabei wird  auch gesundes, schnellteilendes Gewebe wie der Magen-Darm-Trakt oder die Haarwurzelzellen angegriffen, sodass es zu verschiedenen Nebenwirkungen kommen kann. Einen Überblick zu diversen Begleiterscheinungen und was Sie dagegen unternehmen können finden Sie auf unseren Ratgeberseiten.

Die gute Nachricht ist: Das Thema Brustkrebs ist mittlerweile so gut erforscht, dass eine übergroße Menge an Substanzen zur Therapie zur Verfügung steht.

Im Folgenden geben wir Ihnen eine Übersicht an Wirkstoffklassen, die im Rahmen der Brustkrebstherapie eingesetzt werden:

Anthrazykline

Anthrazykline gehören zu den erprobtesten und effektivsten Wirkstoffgruppen gegen das Mammakarzinom. Die Substanzen kommen sowohl in der Monotherapie als auch in Kombinationsschemata zum Einsatz. Da ein gewisses Risiko für kardiale Nebenwirkungen (also Nebenwirkungen am Herzen), Knochenmarksschädigungen, Übelkeit sowie das Hand-Fuß-Syndrom besteht, verordnen Onkologen zusätzlich wirksame Begleittherapeutika. Insbesondere beim Hand-Fuß-Syndrom können Sie selbst viel zur Vorbeugung und Linderung beitragen – werfen Sie dazu einen Blick in unseren Artikel zum Thema Hand-Fuß-Syndrom.

Mitosehemmstoffe

Eine weitere hoch effektive Wirkstoffgruppe, die bei Brustkrebs lange Tradition besitzt, sind die Mitosehemmstoffe, zu denen die sogenannten Taxane und Vinca-Alkaloide gehören. Taxane werden häufig mit Anthrazyklinen kombiniert.

Übrigens: In der adjuvanten Therapie des frühen Brustkrebs werden Kombinationen häufig eingesetzt, da durch die verschiedenen Angriffspunkte eine größere Chance besteht, viele Tumorzellen zu zerstören.

Vinca-Alkaloide können intravenös als auch vereinzelt oral verabreicht werden. Auch hier stehen Knochenmarksschädigungen und neurotoxische Nebenwirkungen im Vordergrund. Gegen die Beeinträchtigungen des Knochenmarks können Arzneimittel verordnet werden, die das blutbildende System stimulieren, sogenannte G-CSF-Präparate. Sind die Nebenwirkungen zu stark, kommt eine Dosisreduktion oder ein Therapiewechsel in Betracht.

Antimetabolite

Durch die Strukturähnlichkeit zu natürlichen Bausteinen des Stoffwechsels können diese Wirkstoffe in den Zellzyklus eingreifen. Dabei werden enzymatische Vorgänge verändert – als Folge stirbt die Zelle. Häufige Nebenwirkungen sind Veränderungen des Blutbilds, Übelkeit, Hand-Fuß-Syndrom sowie Neuropathien.

Übrigens: Erhalten Sie eine Therapie, bei der 5-Fluoraracil als Kurzinfusion Bestandteil ist, beginnen Sie fünf Minuten vor der Applikation mit dem Lutschen von Eiswürfeln über den Zeitraum von einer halben Stunde. Die Kälte führt dazu, dass geringere Mengen des Wirkstoffs in der Mundschleimhaut anfluten. So kann eine Mukositis ggfs. verhindert werden.

Alkylantien

Alkylantien bewirken eine Zellhemmung, indem sie verschiedene chemische Gruppen in die Bestandteile der DNA einbauen. Nennenswerte Nebenwirkungen sind die Schleimhautentzündung – die sogenannte Mukositis – und Leukozytopenie. Lesen Sie in unserem Ratgeberartikel, wie Sie Ihre Mundschleimhaut schützen und bestehende Entzündungen lindern können.

Hormonantagonisten

Einige Brustkrebsarten sind hormonempfindlich, was sich über eine Untersuchung des Tumorgewebes feststellen lässt. Das heißt, die körpereigenen Hormone lassen die Tumorzellen wachsen und sich teilen. Daher können Substanzen zum Einsatz kommen, die das Krebswachstum über die Beeinflussung des Estrogenhaushalts bremsen. Häufig kehrt die Regelblutung nach der Behandlung wieder zurück und die Fruchtbarkeit kann erhalten bleiben.

Eine adjuvante Antihormontherapie dauert in der Regel fünf Jahre, wobei individuelle Modulationen möglich sind. Oft treten bedingt durch das Fehlen der Hormone wechseljahrsähnliche Symptome wie Hitzewallungen, Haarausfall und trockene Schleimhäute auf. Bei der Wirkstoffgruppe der Aromatasehemmer kann es zu Gelenk- und Muskelbeschwerden kommen. Eine regelmäßige Bestimmung der Knochendichte wird daher empfohlen. Im Allgemeinen gelten antihormonale Wirkstoffe jedoch als gut verträglich.

Übrigens: Frauen, die sich vor der Menopause befinden, sollten nicht mit Hormonen verhüten. Die Verwendung einer Kupferspirale ist möglich und sollte mit der behandelnden Gynäkologin beziehungsweise dem Gynäkologen besprochen werden.

Zielgerichtete Therapie

Manche Tumoren werden von speziellen Wachstumsfaktoren stimuliert. Hier ist das Wissen um übermäßig aktive Rezeptoren und Stoffwechselvorgänge von großer Bedeutung.

Ein Beispiel sind HER2-positive Tumoren. Bei diesem Tumortyp sind monoklonale Antikörper wirksam, die die entsprechende Rezeptoren blockieren und somit das Tumorwachtum aufhalten. Kombinationen mit klassischen Chemotherapien sind möglich und gängig.

Spezifische Antikörper werden auch eingesetzt, um den Wachstumsfaktor VEGF einzufangen. Hierbei handelt es sich um eben einen Wachstumsfaktor, welcher das Einwachsen von Blutgefäßen in den Tumor bewirkt. Durch diese Blutgefäße werden Tumore optimal mit Nährstoffen verforgt. Indem der Wachstumsfaktor VEGF abgefangen wird, wird auch die Bildung von Blutgefäßen in den Tumor unterbunden Der Krebs wird nach und nach „aushungert“.

Auch andere Strukturen auf der Zelloberfläche oder in der Zelle selbst können blockiert werden, wenn diese im Tumorgewebe übermäßig aktiv sind. Durch das gezielte Wirken an Proteinen, nennt man diese Wirkstoffe „zielgerichtete Therapien“. Diese Wirkstoffe erkennt man durch die Endung -nib. Bei Hormonsensitiven Tumoren werden zielgerichtete Therapien mit Antihormonen kombiniert.

Um Nebenwirkungen von zielgerichteten Therapien abzuschätzen, muss man wissen, welche Strukturen im Körper das Medikament beeinflusst. Denn diese Strukturen werden auch außerhalb des Tumors blockiert.

 

Modulation des Knochenstoffwechsels

Eine häufige Begleiterscheinung bei Brustkrebs ist der übermäßige Knochenabbau, die Osteroporose. Daher werden zusätzlich zur Brustkrebsherapie Bisphosphonate oder ein spezifischer Antikörper eingesetzt. Die Medikamente können Knochenschmerzen, -brüche und -zerstörung vorbeugen und vermindern, die bei dem hormonellen Entzug entstehen können. Weiterhin treten Knochenmetastasen bei Brustkrebs gehäuft auf, sodass der Einsatz der Wirkstoffe unabdingbar wird.

Bisphosphonate lagern sich ins Knochengewebe ein und sorgen somit für eine Stabilisierung. Desweiteren hemmen sie den Knochenabbau. Allgemein sind die Wirkstoffe gut verträglich, es kann allerdings zu Störungen des Magen-Darm-Traktes oder Übelkeit kommen.

 

Übrigens: Wichtig ist, dass Sie sich genau an die Einnahmeempfehlungen halten. Nehmen Sie die Tabletten immer aufrecht sitzend oder stehend mit einem großen Glas Leitungswasser ein.


Quellenangaben (Stand 04.10.2021)